Neue Wohn- und Lebenskonzepte – Die Magie der Tiny Houses
Nachdem die Bau- und Immobilienbranche einen jahrelangen Boom erlebte, steckt sie nun in einer tiefen Krise. Durch den politischen Zickzack-Kurs, die hohen Energiepreise und die massive Zinsanhebung ist der Traum vom Eigenheim für viele Menschen in weite Ferne gerückt. Da verwundert es nicht, daß Tiny Houses immer beliebter werden. So sind diese auch für Normalbürger erschwinglich und aufgrund der überschaubaren Wohnfläche günstig im Unterhalt. Zudem ist es möglich, Tiny Houses komplett energieautark zu machen. Und da es auch Tiny Houses auf Rädern gibt, besteht für »Vagabunden« die Möglichkeit, regelmäßig den Wohnort zu wechseln.
Neue Wohnmodelle:
Junge Menschen suchen ortsunabhängige Berufe, ältere Menschen bevorzugen ein reduziertes Leben. Tiny Houses bieten eine flexible, nachhaltige Wohnlösung und können vielseitig genutzt werden, z.B. als Home-Office, Gästehaus oder Ferienwohnung.
Kosten- und Energieeffizienz:
Tiny Houses sind kostengünstig und tragen zur Energieeinsparung bei. Sie reduzieren den ökologischen Fußabdruck und fördern ein minimalistisches Leben, das Konsum und Materialismus in den Hintergrund drängt. In einem nahezu unüberschaubaren Angebot finden wir mit Ihnen gemeinsam die beste Lösung!
Bürokratische Herausforderungen:
Der Bau eines Tiny Houses in Deutschland unterliegt dem Bauordnungsrecht und erfordert Genehmigungen. Die Suche nach einem geeigneten Bauplatz, insbesondere in städtischen Gebieten, kann schwierig sein. Wir helfen Ihnen dabei, ein geeignetes Grundstück zu finden und die bürokratischen Hürden zu bewältigen.
Die Gesellschaft ist im Wandel. Viele junge Menschen entscheiden sich heute für Berufe, die ortsunabhängig und im Homeoffice ausgeübt werden können. Ältere Menschen möchten sich »verkleinern« und arbeitsintensive Wohnformen gegen ein entspannteres, reduziertes Leben tauschen. In den Niederlanden hat man damit begonnen, Alten- und Kinderheime zusammenzulegen und unter einem Dach zu betreiben. Es entstehen neue, alternative Wohn- und Lebensmodelle, und die Tiny Houses können dabei eine wichtige und verbindende Rolle spielen.
Das Tiny House Movement – auch Small House Movement genannt – ist eine gesellschaftliche Bewegung, die nach der Finanzkrise 2008 und der Immobilienblase in Amerika ihren Anfang nahm und inzwischen auch in Europa und Deutschland angekommen ist. Als eine der treibenden Kräfte der Bewegung gilt der Amerikaner Jay Shafer. Die Bewegung macht sich für das Leben in kleinen Häusern stark. Immer häufiger werden Klein- und Minihäuser geplant und realisiert. Wie groß ein Tiny House sein darf, ist nicht festgelegt. Die kleinsten Varianten haben nur etwa acht Quadratmeter. In der Praxis haben sich Größenordnungen von 35 bis 90 Quadratmeter bewährt. Tiny Houses dienen aber nicht nur als Wohnsitz, sondern erledigen auch andere Nutzungsfunktionen: die winzigen Häuschen werden wahlweise als Gästehaus, Ferienwohnung, Home-Office, Zweitwohnsitz oder für Waldkindergärten verwendet.
Ein Minihaus mit 15-20 Quadratmetern gibt es in der Regel schon ab 25.000 Euro zu kaufen. Eine besonders günstige Variante kostet nur rund 5.000 Euro. Der Berliner Architekt Van Bo Le-Mentzel bietet seine Bauskizzen für Minihäuser und Möbel sogar kostenlos an, so daß jeder sie nachbauen kann. Der Architekt will damit einen Beitrag leisten gegen die akute Wohnungsnot in der deutschen Landeshauptstadt.
Optimale Nutzung
Trendsetter Jay Shafer geht mit platzsparendem Beispiel voran: in seinem Minihaus in Kalifornien lebt der Tiny-Houses-Pionier auf acht (!) Quadratmetern. Auch wenige Quadratmeter Wohnfläche lassen sich optimal ausnutzen: es gibt Wohn- und Sitzgelegenheiten mit Tisch, einen Schlafbereich unter dem Dach, ein Badezimmer und eine kleine Küchenzeile. Auch eine Humus- bzw. Komposttoilette ist integriert.
In Zeiten des Klimawandels will Jay Shafer ein Zeichen setzen. Der Presse gegenüber betont der amerikanische Designer immer wieder, daß ein Tiny House den ökologischen Fußabdruck klein hält. In einem großen Ein- oder Mehrfamilienhaus sei der Energieaufwand um ein Vielfaches höher. Dementsprechend steht bei den Architekten und Baufirmen von Tiny Houses die Energieeinsparung im Fokus.
Weniger ist oft mehr
Small bzw. Tiny Houses sind mehr als nur eine kostengünstige und energieeffiziente Wohn-Alternative: die bewußte Entscheidung für ein Leben auf wenigen Quadratmetern drängt Konsum und Materialismus automatisch in den Hintergrund und reduziert den Blick auf das Wesentliche. Der Verzicht auf den Gigantismus und die gebetsmühlenartigen Parolen der Werbeindustrie (»Mein Haus, mein Auto, mein Boot …«) kann befreiend wirken.
Das Minihaus im Grünen fördert den Bezug zur Natur. Der Minihaus-Besitzer bleibt freiwillig »kleinwüchsig«: Kleckern statt Klotzen, lautet seine Devise. Ihm ist eine offene Wohnstruktur mit natürlichen Holz-Elementen und viel Lichteinfall lieber als ein liebloser Betonklotz mit Smartphone-gesteuerter Küchenelektrik in der Stadtschlucht.
Das Wohnen auf großem Fuß in der urbanen Zivilgesellschaft muß schließlich nicht immer besser sein. So fällt der klassische Gartenzaun-Streit mit den »lieben« Nachbarn beim Minihaus am Waldrand weg. Während der Villenbesitzer im noblen Stadtteil über den Grad der Flächenversiegelung und ein neues Alarmsystem brütet, trinkt der Tiny Houses-Bewohner entspannt vor seinem lichtdurchlässigen Anwesen einen Kräutertee und lauscht dem kostenlosen Konzert der Nachtigall.
Frei und ungebunden fühlt sich so mancher »Aussteiger«, der den Krankheiten der Zivilisationsgesellschaft wie Streß, Erfolgshatz, Leistungsdruck, Konsumterror und Medienflut mit reduzierten Ansprüchen entgegentritt.
Mobiles Schneckenhaus
Das Freiheitsgefühl verstärkt sich noch mehr, wenn das Minihaus mobil ist und sich mit einem Auto-Anhänger von A nach B versetzen läßt: dann wird der Traum vom abenteuerlichen Vagabunden-Dasein wahr. Es drängen sich schnell Vergleiche zu Schausteller-Familien auf, die das Umherziehen gewohnt sind und nicht mehr missen möchten.
Auch Erinnerungen an das einfache Leben von Tagelöhnern im Bergbau oder Waldarbeitern nach dem Zweiten Weltkrieg werden wach. Nach der körperlichen Arbeit in der Kohlengrube oder im Forst ruhten sich die Arbeiter im spartanisch eingerichteten Bauwagen aus, spielten Karten, lasen ein Buch oder hingen einfach ihren Gedanken nach, weil es keinen Fernseher gab.
Allerdings: so ganz ohne bürokratischen Aufwand läßt sich der Tiny Houses-Traum dann doch nicht verwirklichen. Wer den Bau eines individuell gefertigten Minihauses umsetzen will und ein scheinbar passendes Bauplätzchen gefunden hat, sollte Kontakt zur zuständigen Baubehörde aufnehmen. Auch das noch so kleinste Wohnhaus unterliegt in Deutschland dem Bauordnungsrecht und ist zumeist genehmigungspflichtig. Ein entsprechender Bauantrag ist dann einzureichen. Die Erfolgsaussichten sind größer, wenn ein Architekt oder Ingenieur mit ins Boot geholt wird. Ein Bausachverständiger versteht schließlich mehr von elementaren Unterlagen wie Lageplan, Grundriß, Bauzeichnungen oder Wärmeschutznachweis.
Auch die Suche nach einem passenden Bauplatz erweist sich im urbanen Ballungsraum mitunter als detektivisches Unterfangen. Es muß klar sein, ob der potenzielle Bauplatz frei verfügbar ist oder ob private oder kommunale Bauträger die Grundstücksbesitzer sind. Auch kann das Tiny House nicht so einfach am Waldrand abgestellt werden. Zuerst gilt es einmal herauszufinden, wem der Wald gehört.
Auf einem Freizeitgrundstück sind die Chancen größer, einen passenden Platz zu finden, als in der Stadt: freie Baulücken sind in den Stadtzentren eher rar. Unproblematischer ist da der Ansatz, das mobile Minihaus dauerhaft auf einem Campingplatz abzustellen. Immer mehr Campingplatzbetreiber bieten Tiny House-Besitzern ein freies Plätzchen an.
Autor
Andreas Scholz