Der Beobachtereffekt!

Die Welt ist das, was wir in ihr sehen!

von Michael Hoppe

Immer mehr Menschen sind sich der Tatsache bewußt, daß es so etwas wie eine objektive Realität gar nicht gibt. Zwei Menschen betrachten dieselbe Szenerie – der eine empfindet sie als Himmel, der andere als Hölle. Jede Wahrnehmung ist an unser eigenes Bewußtsein und an unsere innere Einstellung gebunden. Wir entscheiden also selbst, in welcher Art von Realität wir leben wollen. Und nicht nur das: wir sind sogar Mitschöpfer dieser Realität!

Albert Einstein war mit seiner Relativitätstheorie ein Botschafter für ein neues Denken. Während die sichtbare und fühlbare Materie lange als objektives Maß aller Dinge galt und der Mensch als Sklave seines Schicksals, eröffnet uns die Quantenphysik ganz neue Horizonte. Bei bestimmten Experimenten zeigt sich, daß sich Meßergebnisse verändern, je nachdem, ob bei diesen Experimenten ein Beobachter anwesend ist oder nicht.
Dieser sogenannte „Beobachtereffekt“ wird zwar noch immer von der rein rationalen Wissenschaft abgelehnt, er ist jedoch eine der wichtigsten Erkenntnisse, um das Wesen der Realität wirklich zu erfassen. Und dieser Beobachtereffekt hat noch eine weitere Dimension: Experimente werden nicht nur durch die Anwesenheit eines Beobachters beeinflußt, sondern auch durch dessen innere Einstellung, also durch den Grad seiner Bewußtheit.

Euch geschehe nach eurem Glauben!

Vor einigen Jahren hielt der bekannte Gehirnforscher Professor Gerald Hüther eine Rede auf einem großen Ärztekongreß. Dabei erläuterte er die Funktionsweisen des menschlichen Gehirns und stellte den anwesenden Ärzten eine provokative Frage: „Wie können Sie erwarten, Ihren Patienten wirklich helfen zu können, wenn Sie nicht an sie glauben?“
Es herrschte Schweigen im Raum, und viele der anwesenden Ärzte schüttelten den Kopf und wußten nicht so richtig, worauf Professor Hüther hinauswollte. „Was hat Glauben mit objektiver Wahrnehmung zu tun? Mit Diagnosen, Blutwerten und wissenschaftlich belegten Fakten?“

Um die Quintessenz dieser Frage zu verstehen, spielen wir doch einfach einmal eine „reale Situation“ durch: Herr Maier geht es nicht gut, und er begibt sich zum Arzt. Dieser beginnt mit der Diagnose, schiebt Herrn Maier in die Röhre, schickt sein Blut an ein Untersuchungsinstitut – und hat dann eine schlechte Nachricht für ihn: „Herr Maier, Sie haben Krebs. Da kann man nichts machen. Sie haben noch drei Monate zu leben.“
Herr Maier, ein medizingläubiger Mensch, geht nach Hause und macht sein Testament. Pünktlich zum angegebenen Termin stirbt er und gibt seinem Arzt damit Recht!

Herr Schmidt wird ebenfalls von seinem Arzt ins Besprechungszimmer gerufen und über seinen Gesundheitszustand aufgeklärt. Der Arzt legt ihm dabei die Hand auf die Schulter und sagt: „Wissen Sie was, lieber Herr Schmidt, Ihnen traue ich alles zu. Sie haben zwar derzeit eine unangenehme Diagnose, aber Sie wissen: Das ist nur eine Momentaufnahme! Wir haben unser Schicksal selbst in der Hand. Unser Körper hat gewaltige Selbstheilungskräfte, und die Kunst ist, diese zu aktivieren. Ich glaube an Sie! Das bekommen wir gemeinsam hin!“
Wer von den beiden Kandidaten hat wohl die größere Chance, sich wieder von seiner „Krankheit“ zu erholen? Und welchen Einfluß hat die Einstellung des Arztes?

Natürlich könnte man nun die Ratio einschalten und sich sagen: Ist doch alles Quatsch! Das Schicksal ist unabwendbar, und Diagnose ist Diagnose. Ja, das könnte man, wenn man noch dem alten Denken anhängt und das Leben als eine Art Sammelsurium aneinandergereihter Zufälle begreift. Wer jedoch ganzheitlich denkt und an die Macht des Unterbewußtseins glaubt, der weiß, worauf Professor Hüther hinauswollte.

„Euch geschehe nach eurem Glauben“ ist ein alter Bibelsatz, den Jesus Christus einst geäußert haben soll, als er darum gebeten wurde, einen Menschen zu heilen. Als er einer blinden Frau gegenüberstand, fragte er zuerst die Anwesenden: „Glaubt ihr, daß ich solches tun kann?“ Da sprachen sie zu ihm: „Ja, das glauben wir.“ Da rührte er ihre Augen an und sprach: „Euch geschehe nach eurem Glauben.“ Und ihre Augen wurden geöffnet.

Optimismus versus Pessimismus

So mancher Wissenschaftler wird nun ebenfalls den Kopf schütteln und dieses Beispiel als typisch esoterische Märchengeschichte abtun. Im besten Falle als „Placeboeffekt“, der in einem von tausend Fällen vorkommt und daher keine Beweiskraft hat. Und das ist sein gutes Recht! Denn jeder Mensch ist der Schöpfer seines eigenen Gedankenuniversums. Jedem geschieht nach seinem persönlichen Glauben. Und wenn ein Arzt glaubt, daß es für seine Patienten keine Hoffnung gibt, dann gibt es die auch nicht. Zumindest in seiner Vorstellungswelt! Wie der Patient darauf reagiert, liegt in dessen Verantwortung!

Der bekannte Bewußtseinsforscher Rupert Sheldrake erzählte uns vor einigen Jahren im NATURSCHECK-Interview über Bewußtseinsexperimente, die in London seit Jahrzehnten durchgeführt werden. Auch diese befassen sich mit dem Thema „Glauben und Realität“.
Bei diesen Experimenten werden eine Gruppe von Optimisten und eine Gruppe von Pessimisten nacheinander durch einen langen Flur von einem Zimmer in ein anderes geschickt. In der Mitte des Flurs liegt eine Fünf-Pfund-Note auf dem Boden. Was glauben Sie, passiert?
95 % der Optimisten sehen diesen Geldschein und heben ihn auf. Bei den Pessimisten sind es weniger als 50 %, die diesen Geldschein überhaupt wahrnehmen. In ihrer Vorstellungswelt ist der Gedanke, Glück zu haben und irgendwo Geld zu finden, ausgeblendet. Daher ist der Geldschein nicht Teil ihrer Realität.

Menschen, die in dem Bewußtsein erzogen wurden, wertvoll, klug und einzigartig zu sein, tun sich um ein Vielfaches leichter, positive Situationen in ihr Leben zu ziehen oder die ihnen gebotenen Erfolgschancen bewußt zu erkennen, als Menschen mit einem Minderwertigkeitskomplex. Mit unserer „Vorstellung“, wie die Welt ist, erschaffen wir unsere Realität jeden Tag neu. Und die Realität fügt sich unserem Glauben. Daher ist ein bewußtes positives Denken nicht nur ein momentaner Stimmungsaufheller, sondern bereits der erste Schritt in eine positivere Zukunft.

Wie unser Gehirn funktioniert

Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, daß wir alle in unserer eigenen, ganz persönlichen Gedankenrealität leben. Wir denken täglich ca. 60.000 Gedanken, und ca. 97 % dieser Gedanken sind dieselben, die wir gestern gedacht haben. Unser gewohnheitsmäßiges Denken ist also der eigentliche Schöpfer unserer Realität.
Wer sein Leben nachhaltig verändern möchte, muß also zuerst einmal sein Denken und im tieferen Sinne seine Einstellung ändern. Diese Tatsache hat weniger mit Philosophie, als mit der Funktionsweise unseres Gehirns zu tun. Da permanent unendlich viele Eindrucke auf uns einprasseln, hat unser Gehirn gelernt, unsere Sinneswahrnehmungen zu „filtern“. Der Wächter an der Tür läßt nur das herein, was unserer Vorstellungswelt entspricht.
Nehmen wir als Beispiel das menschliche Sehen. Früher glaubte man, die Augen seien eine Art Fenster, durch welches wir von innen heraus eine objektive Welt betrachten. Und alle sehen dabei dasselbe, nämlich „die“ Realität! Heute wissen wir, daß unsere Sehnerven nur elektromagnetische Impulse aus der Außenwelt einfangen, diese an unser Gehirn weiterleiten und das Gehirn sie in „Hologramme“ umwandelt.
Diese von unserem Verstand erzeugten Hologramme sehen wir mit unserem „inneren Auge“, also mit unserem Bewußtsein. Und je nachdem, wie wir „eingestellt“ sind, empfinden wir sie als positiv oder negativ, als schön oder unschön, als wichtig oder unwichtig, als wahr oder falsch.

Diese Bewertung kann sich jedoch in Sekundenschnelle ändern, wenn sich unsere „Stimmung“ oder unsere aktuelle innere Einstellung ändert. Realitätswahrnehmung ist also zutiefst „relativ“ und immer an unseren Bewußtseinszustand gebunden. Sind wir achtsam und offen, sehen wir mehr. Sind wir in einem Zustand der Unbewußtheit (Frust, Wut, Streß, etc), entsteht der sogenannte Tunnelblick. Der Horizont verengt sich.
Auch das Thema Erfahrung spielt bei der Wahrnehmung eine wichtige Rolle: Denn wenn unsere Sehnerven etwas wahrnehmen, das unser Verstand noch nicht kennt, blendet er es ebenfalls aus. So wie der Verstand des Pessimisten den Geldschein ausblendet, da er nicht dem aktuellen Glaubensmodell des betroffenen Menschen entspricht.
Das heißt, wir sehen nicht das, was wirklich da ist, sondern das, was wir glauben bzw. das, was wir für möglich halten! Der Rest fällt durch unser Verstandesraster. Wer also mehr sehen oder erleben möchte, der muß zuerst einmal bereit sein, seinen Horizont zu erweitern. Dann öffnet sich ihm eine zusätzliche Dimension, und die Wahrnehmungsfähigkeit nimmt zu.

Du bist, was du denkst, daß du bist

Daß es dem reinen Verstandesmenschen schwerfällt, über seinen Horizont hinauszublicken, ist kein Geheimnis. Wer an Dogmen festhält und überzeugt ist, daß es nichts Neues in der Welt zu entdecken ist… auch dem geschieht nach seinem Glauben! Er entdeckt nichts Neues in der Welt!
Noch immer streitet die „objektive Wissenschaft“ ab, daß es mehr gibt zwischen Himmel und Erde als das, was man mit Instrumenten sehen oder messen kann. Und das ist nicht schlimm. Auch die Skeptiker haben ihre Funktion in unserer Welt. Einer muß ja schließlich die Zügel festhalten, wenn die jungen Gäule wie wild in alle Richtungen davongaloppieren.
Und nach jahrhundertelangem „blinden Glauben“, in dem man alles für möglich hielt und doch keinen richtigen Zugang fand zu den Funktionsweisen des menschlichen Bewußtseins, ist nun eine Mischung aus Offenheit und Vernunft gefragt. Moderne Spiritualität ist daher keine Abkehr von der Materie, sondern ein tieferes Verständnis für die vollkommene göttliche Schöpfung!

So haben die großen Wissenschaftler wie Albert Einstein oder Max Planck nicht versucht, in „esoterische“ Höhen vorzustoßen, sondern tiefer in das Wesen der Materie einzutauchen. Mit der demütigen Erkenntnis, daß sowohl das Kleine als auch das Große nach denselben vollkommenen Gesetzmäßigkeiten funktioniert. Alles wird durch die natürlichen Schöpfungsgesetze in einem natürlichen Gleichgewicht gehalten. Der Einzige, der noch immer „glaubt“, über der Natur zu stehen, ist… der Mensch!
Daher ist es nun an der Zeit, daß wir Menschen erkennen, wer wir wirklich sind und welche Aufgabe wir in dieser Schöpfung haben. Wenn wir dazu noch begreifen, daß nicht nur unsere Handlungen, sondern jeder unserer Gedanken einen Einfluß hat auf das große Ganze, dann wird uns auch bewußt, daß wir bereits heute Mitschöpfer sind an unserer gemeinsamen Realität.

So wie wir die Welt sehen, so ist bzw. wird sie – da sich die Materie nach dem Bewußtsein derer richtet, die auf sie einwirken. Je mehr Bewußtheit und je mehr persönliche Überzeugung wir bei der Betrachtung einsetzen, desto wahrscheinlicher ist es, daß sich unsere Vorstellungen verwirklichen.

Zeit des Erwachens

Wir beginnen erst zu erfassen, welche unermeßlichen Potentiale wir in uns tragen! Und daß mit jeder Gabe auch eine große Verantwortung verbunden ist. Wie sagt doch der alte Satz: „Wem viel gegeben ist, von dem wird auch viel verlangt.“
Um weise mit dem umzugehen, was uns gegeben wurde, müssen wir zu einem neuen, einem höheren Bewußtsein erwachen. Wir müssen uns sowohl der Gesetzmäßigkeiten als auch der Konsequenzen unseres Tuns voll bewußt sein. Sonst werden wir weiter wie der sprichwörtliche Zauberlehrling an der Welt herumexperimentieren und immer wieder erleben müssen, welche unangenehmen Konsequenzen dies hat.
Der Prozeß des Erwachens ist bereits in vollem Gange. Überall wird neues Licht verbreitet durch Menschen, die in sich selbst neu geworden sind. Sie lösen sich von dem alten konditionierten, begrenzten Denken und betrachten die Welt durch die Augen der Erwachten. Und dadurch verändert sich die Welt!

Alles beginnt mit unserer inneren Einstellung! Sind wir überzeugt, daß es eine höhere Ordnung gibt, die alles richtet und der wir von ganzem Herzen vertrauen können, dann spüren wir geradezu, wie alles fließt und seinen natürlichen Gang nimmt. Glauben wir das Gegenteil, dann tragen wir zu noch mehr Chaos in der Welt bei. Uns geschieht nach unserem Glauben.
Unsere innere Einstellung ist wie ein Energiekanal, durch welchen höhere Kräfte in die Wirklichkeit fließen. Denken wir „positiv“, beginnen sich die schöpferischen Kräfte positiv auszuwirken. Denken wir „negativ“, bewirken sie das Gegenteil. In diesem einfachen Bild steckt eine tiefe Magie!
Je mehr Menschen sich nämlich dazu entscheiden, zu einem höheren Bewußtsein zu erwachen, jeden Widerstand gegen die Welt aufzugeben und sie stattdessen durch die Augen der Liebe zu betrachten, desto lichtvoller und schöner wird sie.
Eine kleine praktische Übung zum Schluß (aus dem Buch OM² – Eine magische Minute):

Erkenntnis ist die eine Seite der Medaille, die praktische Umsetzung ist die andere. Der Beobachtereffekt zeigt uns, daß wir die Welt durch die Art verändern, wie wir sie betrachten. Es ist also an uns, vom unbewußten zum bewußten Beobachter zu werden:

Schließen Sie die Augen, und atmen Sie tief ein und wieder aus.
Konzentrieren Sie sich von innen auf Ihre Augen. Sie sind das Tor zu Ihrer Seele. Sie sind aber auch das Tor hinaus in die Welt.
Die Welt ist das, was Sie in ihr sehen. Mit der Art, wie Sie die Welt betrachten, wird sie sich verändern.
Lassen Sie die Augen noch geschlossen. Und öffnen Sie Ihr Herz.
Spüren Sie, wie aus Ihrem Herzen warme und heilende Energie nach oben fließt – durch Ihre Brust, durch den Hals, bis zu Ihren Augen.
Lassen Sie die Energie in Ihre Augen fließen. Spüren Sie, wie sich Ihre Augen entspannen. Wie sie von der Energie Ihres Herzens gereinigt werden.
Dann atmen Sie einmal tief ein und wieder aus – und öffnen die Augen …
Was sehen Sie? – Sie entscheiden!
Sie entscheiden in jedem Augenblick und mit jedem Blick Ihrer Augen, ob Sie mit dem kritischen Verstand oder mit der Weite Ihres Herzens sehen.
So wie Sie die Welt sehen, so ist sie.

Autor
Michael Hoppe

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