Die vergessene Dimension des Atmens

von Eva Wagner

Ohne ein ausgemachter Experte sein zu müssen, wissen Sie vermutlich ziemlich viel über das Atmen und seinen essentiellen Einfluß auf Ihr Dasein. Denn längst ist ja entschlüsselt, wie durch Ein- und Ausatmen Sauerstoff in den Körper hinein- und CO2 hinaustransportiert wird, wie Sie durch bewußte Atemübungen die inneren Organe massieren und den Atmungsapparat einsetzen können, um das Immunsystem effektiv zu trainieren. Und wie Ihnen gezieltes Atmen dabei hilft, emotional stabil und geistig klar zu werden.

Ohne Zweifel wissen Sie, daß der erste Atemzug das Leben eröffnet, der letzte es beschließt und alle dazwischen Sie am Leben erhalten. Möglicherweise entgeht Ihnen aber trotzdem das Wesentliche. Sind Sie bereit, sich auf ein Gedankenspiel einzulassen?

Wenn wir uns mit Atmen beschäftigen, denken wir oft an wünschenswerte Voraussetzungen: »saubere Luft« oder ergebnisorientiert: »Es hilft mir, gesünder, stabiler und klarer zu sein«. Welche Erkenntnisse aber fördern wir zutage, wenn wir für einen Moment das Atmen selbst in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit stellen? Salopp formuliert, ist es doch so: Ohne Atmen geht nichts. 

Über seine Funktionen und Nützlichkeit hinaus – was macht Atmen eigentlich so wichtig, daß das Leben beschlossen hat, buchstäblich alles davon abhängig zu machen?

Atmen transportiert Information

Alle Lebewesen atmen. Jedes auf seine Weise, jedes in seinem Umfeld. Jeder Atemzug ist in seiner Ausführung und Zusammensetzung einzigartig. So gesehen, ist Atmen die stärkste aktive Verbindung, die wir mit allen lebendigen Wesen auf diesem Planeten teilen. 

Durch Atmen tauschen wir Lebensenergie aus. Was aus Ihnen und mir herausströmt, ist schließlich nicht einfach verbrauchte Luft. So zu denken, entspräche mehr der menschlichen Konsum- und Verschwendungshaltung als dem Prinzip des Lebens. Denn das Leben ist ein allumfassender Recycling-Kreislauf, und wir sind ein Teil davon. Die Luft, die wir ausatmen, ist durch unseren gesamten Körper gereist, sie hat während Ihres Gastspiels in uns alles aufgenommen, was Sie gedacht und gefühlt haben. Mit anderen Worten, sie war angereichert mit einer Vielzahl an Informationen, die sie zu Ihnen transportiert hat und verläßt Sie mit einer Vielzahl an Informationen, die Sie Ihrerseits auf die Reise schicken. 

Sie stellen diese Informationen – auch wenn Sie das gar nicht beabsichtigen – Ihrer unmittelbaren Umgebung zur Verfügung. Von dort aus pflanzen sie sich in alle Richtungen fort und verwandeln sich irgendwann in sehr konkrete Handlungen, mit denen wir die Welt gestalten. 

Nichts in der Natur geht verloren. Könnte doch sein, daß dies ein Teil der Erklärung ist, weshalb Ihre (unerledigten) Themen an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden und in Ihnen wirksam sind, auch wenn Sie selbst kein Wort darüber verlieren oder längst verstorben sind. Wir atmen sie als Information aus und andere nehmen sie auf. 

So funktioniert übrigens Leben, Veränderung und Vererbung bei allen Lebewesen bis in die Zellebene hinein: Selbst die kleinste Zelle sucht aktiv den wohlwollenden Informationsaustausch mit dem nächsten Nachbarn. Und weil das jede Zelle so macht und alle Informationen dank unseres ultraschnellen Neuronen-Netzwerks praktisch allen Zellen gleichzeitig zur Verfügung stehen, überlebt und entwickelt sich der Gesamtorganismus. Informations-Schneeballverfahren. Per (Zell-) Atmung.

Atmen aktiviert Verbindungen

Es gibt einiges an Forschung darüber, wie kleine Gruppen von Menschen, die gemeinsam meditieren und sich auf ein gemeinsames Thema konzentrieren, Einfluß auf andere Menschen und das Geschehen in ihrer Umgebung nehmen können. Bekannte und gut dokumentierte Experimente dieser Art sind die Friedensgebete in Kriegsgebieten, die (vorrübergehend) zu einem signifikanten Rückgang an Gewalttaten geführt haben. Daß Gedanken Mega-Kraft entwickeln können und quasi »aus uns hinausdiffundieren«, hat die Quantenforschung sichtbar gemacht. Weniger beachtet ist die Rolle des Atmens während der Konzentrationsübungen. 

Wir Menschen sind körperlich-geistig-seelisch-spirituelle Wesen. Diese Dimensionen wirken nicht getrennt voneinander, sondern gemeinsam und gleichzeitig. Also kann es nicht allein die geistige Leistung der Konzentration sein, die die oben beschriebenen Phänomene erklärt. Auch unser Fühlen und der Körper sind auf ihre Weise mit von der Partie. Und was verbindet all diese Dimensionen, in denen wir uns gleichzeitig bewegen? Richtig: Atmen! 

In Gruppen, die mit einer herzensoffenen Haltung und einer dem Leben dienenden Absicht meditieren, wird häufig beobachtet, daß sich nach einer Weile Atem- und Pulsfrequenz angleichen. Verschiedene Individuen agieren als ein Organismus. Atmen wirkt also nach innen und nach außen. Es verbindet die körperliche Ebene mit Ihren Gedanken, Gefühlen und anderen Wahrnehmungen und tunt Sie ein auf Ihre Verbindung mit anderen Menschen. 

So gesehen ist Atmen das einfachste und wirkungsvollste Werkzeug, wenn Sie etwas von Herzen bewirken wollen. Es ist auch das einfachste Mittel, um sich mit anderen innig zu verbinden und gemeinsam aktiv zu werden. Das Beste: Sie haben es ständig an Bord. Führen wir unser Gedankenexperiment noch ein Stück weiter. 

Atmen überwindet Raum und Zeit 

Atmen ist manifestiertes JETZT. Und paradoxerweise hat genau dieses Jetzt die verblüffende Eigenschaft, Wunden der Vergangenheit zu heilen und zu verhindern, daß Wunden der Zukunft daraus entstehen. Atmen verändert nicht das Geschehene. Wohl aber unsere Gedanken und Gefühle zum Geschehen. Und das ist das allein Entscheidende. Weil nämlich unser Denken (Geist) mit unseren Gefühlen (Seele) und Hormonen (Körper) ein Powerteam bildet. 

Atmen harmonisiert die drei Ebenen extrem schnell. Wenn Sie bewußt atmen, erzeugen Sie quasi ein sofortiges und – durch regelmäßiges Üben – ein nachhaltiges Wohlgefühl. Sie bringen Gedanken zur Ruhe, die Ihnen schaden. Sie verwandeln sie in Gedanken, die Ihnen helfen. Sie fühlen gemäß Ihrer neuen Gedanken. Mit anderen Worten: Atmen verleiht Ihnen unfaßbare Kräfte. Es ermöglicht Ihnen, selbstbewußt, unabhängig und wirksam zu sein. Es potenziert die Wirkung Ihrer Absichten und Ihres Handelns, wenn Sie es gemeinsam mit anderen tun. Ganz schön machtvoll, das Atmen. Das Leben weiß, was es tut.

Raus aus dem Gedankenspiel. Rein in die Welt. 

Wie können Sie nutzen, was Sie gerade gelesen haben? Hier ein paar der Ideen, die mich persönlich so umtreiben: Vielleicht müssen wir uns als Menschen ja gar nicht neu erfinden, um unsere Rolle im Gesamtgefüge dieses Planeten einzunehmen und auf eine Weise zu handeln, die dem einzigen Zweck des Lebens dient: Neues Leben hervorzubringen. 

Vielleicht reicht es ja aus, bewußter zu tun, was wir die ganze Zeit schon tun und was alle anderen auch tun. Atmen. Das geniale Werkzeug mehr beachten, mit dem Sie das Leben ausgestattet hat, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, sich mit allen und allem zu verbinden. Dieses Werkzeug bewußt und gezielt einsetzen. 

Werden Sie sich der Intensität des Austauschs klar, den Sie mit 17.000 Atemzügen pro Tag betreiben. Achten Sie auf die Erkenntnisse, die Sie bewußt atmend hervorbringen, und handeln Sie entsprechend. Setzen Sie das Schneeball-Verfahren der kleinen Handlungen in Gang. Dann sind Sie für diesen Planeten genauso unentbehrlich wie jede winzige kleine Zelle Ihres Körpers für Sie als ganzer Mensch.

Und als Extra: Die Chancen stehen gut, daß Sie sich ziemlich wohl dabei fühlen. 

Autorin
Eva Wagner

Weitere Informationen
www.braintree-gesundheit.de
www.atemwege-rhein-neckar.de
www.soulguide-coaching.de

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