Was Wunder im Holunder – Heilpflanze des Jahres 2024

von Redaktion

Wenn Sie dachten, Holunderblüten und –beeren seien nur gut bei Erkältungskrankheiten: weit gefehlt. Holunder hat eine Bandbreite von Indikationen, die einfach nur atemberaubend ist. Kein Wunder, dass diese äußerst vielseitige Heilpflanze den Titel „Heilpflanze des Jahres“ dieses Jahr auch vom Theophrastus-Verein – Theophrastus ist ein anderer Name für Paracelsus – verliehen bekommen hat.

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Rinde, Beere, Blatt und Blüte, jeder Teil ist Kraft und Güte, jeder segensvoll.“
(Altes Sprichwort über den Holunder)

Der Holunder begleitet die menschliche Entwicklung seit Urzeiten. Bei Ausgrabungen von steinzeitlichen Wohnstätten, errichtet vor 12.000 Jahren in der Schweiz und Italien, fand man Überreste von Holundersamen und –beeren sowie kleine Zweige. Das altdeutsche Wort „Holunta“ stammt von „holun“, was heilig und gnädig bedeutet. Die alten Ägypter hielten sich mit Holunder Insekten vom Leib und nutzten die Pflanze bereits als Heil- und Lebensmittel. Für die Landbevölkerung im Mittelalter, aber auch schon für Hippokrates war der Baum eine Hausapotheke für alle Fälle.

Theophrastus Bombastus von Hohenheim, Paracelsus genannt, hielt große Stücke auf den Holunder und gebrauchte ihn zur Behandlung von Gicht, gegen Schwindel und bei Verstopfung. Pfarrer Kneipp verehrte die Heilpflanze geradezu. Er empfahl einen Löffel eingemachte Beeren in einem Glas Wasser zur Reinigung von Magen und Nieren, und einen Tee aus frischen Blättern oder gedörrten Beeren zur Blutreinigungs- und Frühjahrskur. Kneipp: „Daß der alte Freund wieder zu neuem Ansehen kommen möchte!“

Von der Antike bis zur Gegenwart blieben die Hauptanwendungsgebiete Atemwegserkrankungen, Ödeme, Verdauungsprobleme, Entzündungen aller Art, einschließlich Arthritis und Arteriosklerose, Infektionskrankheiten, Nervenerkrankungen sowie Unterleibsbeschwerden und Harnwegsinfekte. Alle diese Indikationen haben moderne Studien bestätigt, von denen es zum Holunder mehr als 34.000 gibt, viele davon mit Goldstandard, das heißt placebokontrolliert, doppelverblindet und randomisiert.

Die Blüten erscheinen je nach Wetter und Klimazone ab Mitte Mai. Sie wachsen als gelblich-weiße Trugdolden und duften angenehm nach Honig. Jede Trugdolde besteht aus etwa 100 winzigen sternförmigen Blüten, die reich an Pollen sind. Von August an bilden sich daraus saftreiche Beeren, die eigentlich Steinfrüchte sind. Erst sind sie grün, dann rötlich-braun und im Reifestadium violett-schwarz, wie Lack glänzend. Der Saft daraus ist schwarz-rot. Verbreitet werden die Samen durch Vögel wie Staren und Drosseln.

Alle Pflanzenteile sind roh leicht giftig, weil sie Sambunigrin enthalten, woraus sich Blausäure bilden kann. Durch Erhitzen – wenige Minuten bei 80 Grad reichen – werden Giftstoffe, die den Magen reizen können, zerstört. Die Blüten enthalten kein Sambunigrin. Alle Pflanzenteile haben Heilkräfte, nicht nur Beeren und Blüten, sondern auch Blätter, Rinde und Wurzeln.

Die gesundheitlich bedeutsamen Inhaltsstoffe des Holunder

Die Blüten enthalten zahlreiche antioxidativ wirkenden Polyphenole, zum Beispiel Flavonoide wie Isoquercitrin, Rutin, Quercetin, Kaempferol und ätherische Öle. Darüber hinaus enthalten sie wertvolles Eiweiß, Schleimstoffe, Eisen, Kupfer, Kalium bis zu 9 Prozent, Beta-Carotin, Zink, reichlich Vitamin C und Linolensäure.

Holunderbeeren stellen ein Füllhorn an wertvollen Inhaltsstoffen dar. Flavonoide wie Rutin, Anthozyane – blaue Farbstoffe – Fettsäuren, Provitamin A, Folsäure, Biotin und andere B-Vitamine, Vitamin C, Vitamin E und Aminosäuren, um nur einige zu nennen. Holunderbeeren sind besonders mineralstoff- und eisenreich. Die Beeren enthalten 1,4 Milligramm pro 100 Gramm Eisen. Mit 37,1 Milligramm Vitamin C pro 100 Gramm sind Holunderbeeren Spitzenreiter als Vitamin-C-Lieferant.

Holunderblätter und die Baumrinde enthalten neben Eiweiß und Gerbstoffen reichlich bioaktive Substanzen wie Triterpene, Urolsäure, Betasitosterol, Lektine – wirken als Phytoöstrogene – und Tannine. Das Eiweiß von Blüten, Beeren und Blättern ist so hochwertig, daß es an Wertigkeit fast dem von Hühnereiweiß, der Referenzgröße, entspricht. Polysaccaride – Mehrfachzucker – wirken antiviral und krebsvorbeugend. Die Lektine – komplexe Proteine – wirken blutzuckerausgleichend, krebsvorbeugend und als Herzschutzmittel, die Bitterstoffe in Holunder sind Fatburner und senken das Risiko für viele Krebsarten.

Die Anthozyane oder dunklen Farbstoffe sind Polyphenole, bioaktive Substanzen, die als Schutz vor dem Zerstörungswerk freier Radikaler fungieren. Sie schützen das Gehirn und die Blutgefäße vor degenerativen Erkrankungen. Anthozyane wirken tumorhemmend, antientzündlich, blutdruckregulierend, immunmodulierend, schmerzlindernd, entwässernd, antiviral – auch gegen Coronaviren – , antibakteriell, und beugen Alzheimer, Morbus Parkinson und Demenz vor. Sie schützen vor Diabetes und verhindern die Bildung vonThrombosen.

Holunderbeeren enthalten bis zu 1816 Milligramm pro hundert Gramm Anthozyane und toppen damit andere anthozyanreiche Früchte wie Aroniabeeren – 750 Milligramm pro 100 Gramm und Blaubeeren – maximal 515 Milligramm pro hundert Gramm. Anthozyane beugen Krebs vor und behindern die Krebsentwicklung. Sie stoppen die Vermehrung von Krebszellen, verhindern die Bildung von Blutgefäßen zur Versorgung von Tumoren – Antiogenese genannt -, reduzieren die Metastasenbildung und verbessern die Effekte von Krebstherapien. Die Holunder-Anthozyane wie Delphinidin und Malvidin fördern die Apoptose, das Selbstmordprogramm, und die Autophagie, die Zellauflösung von Krebszellen. Ein hoher Anthozyan-Anteil in der Nahrung reduziert nachweislich das Risiko für erhöhte Blutfettwerte, Herz-Kreislauferkrankungen, Alzheimer und etliche Krebsarten wie Brustkrebs, Schwarzes Melanom, Dickdarm- und Gebärmutterkrebs. Anthozyane behindern das Wachstum von Krebszellen in jedem Stadium ihrer Entwicklung.

 

Wie Holunder gegen pathogene Viren wirkt

Holunder besitzt nicht nur eine antibakterielle – zum Beispiel gegen den Magenkeim Helicobakter pylori – und fungizide – gegen Pilze wie Candida albicans – Wirkung, sondern auch eine antivirale. Die Flavonoide in Holunderbeeren wirken gegen HIV-Viren als auch gegen Grippe- und Coronaviren. Bioaktive Polysaccharide aktivieren die Aktivität von großen Freßzellen und optimieren die Immunantwort. Die Polysaccaride verhindern die Vermehrung von Viren, wirken also direkt antiviral. Sie stimulieren darüber hinaus die Aktivität von T-Zellen, die Viren bekämpfen, und erhöhten zusammen mit den Anthozyanen die Aktivität von Antikörpern, welche Viren neutralisieren.

Alkoholische Auszüge sind wenig wirksam, weil durch diese Herstellungsweise ein Großteil der Polysaccharide zerstört werden. Greifen Sie daher lieber zu Produkten wie Sambufit von Dr. Pandalis (Apotheke), ein Kombiprodukt aus Blüten und Beeren. Sowohl die Beeren als auch die Blüten zeigten gegen Grippe- und Coronaviren Wirkung.  Holunderprodukte wie Sambufit  verhindern die Infektion mit Viren oder reduzieren bei einer Grippe die Erholungszeit. Holunderextrakte wirken dabei sowohl gegen Influenza-A- als auch Influenza-B-Viren und eine breite Palette von Coronaviren.

Bei welchen Beschwerden Holunder hilft

Durch den Antioxidantien-Cocktail in Holunderblüten und –beeren werden Alterungsprozesse und das Entstehen chronischer Erkrankungen herausgezögert. Holunder wirkt gegen gram-positive und gram-negative pathogene Bakterien, auch gegen zahlreiche Stämme multiresistenter Krankenhaus-Keime. Holunder wirkt Arteriosklerose entgegen, indem Calciumablagerungen in den Arterieninnenwänden allmählich aufgelöst und abtransportiert werden. Polyphenole in Holunder schwemmen Giftstoffe aus und entwässern den Organismus. Bei Blasenentzündungen hat sich Holunderblütenessig bewährt, das Rezept finden Sie in meinem Holunderbuch.

Die Terpene im Holunder senken einen zu hohen Blutfettspiegel und damit einen Risikofaktor für Herzinfarkt. Dieselbe Wirkung haben die Lignane und Isoflavone – Phytoöstrogene – im Holunder. Bronchialschleim wird mit Holunder bei einer Bronchitis leichter abgehustet. Holunderbeeren und –blüten neutralisieren Harnsäure, die zu Gichtanfällen führen kann. Das Holundersamenöl reinigt die Haut und glättet Falten.

Holunderblütenwasser mildert Pigment- oder Altersflecken. Holunderblütentee hilft prophylaktisch bei Heuschnupfen. Zur Stärkung des Immunsystems empfiehlt sich eine Holunderkur mit Blüten und Beerensaft. Besonders die Blüten wirken stimmungsaufhellend und angstlösend. Holunderbeeren mildern die Symptome von Sonnenbrand. Flavonoide in Holunder beeinflussen Venenleiden positiv. Wechseljahrs- und Menstruationsbeschwerden werden durch die Phytoöstrogene in Holunder gemildert. Rezepte zum Selbermachen von Naturkosmetik finden Sie in meinem Buch, und auch viele zuckerfreie Kochrezepte.

Ihr Körper kann sich mit Holunder wie an einem Brunchbuffet an mehr als 50 gesundheitsfördernde Inhaltsstoffen bedienen. Dr. James Duke, Holunderexperte und Phytotherapeut der renommierten „Herbal Society of America“, hat ein Gedicht „Elders for the Elders“, Holunder für die Älteren, geschrieben und vertont, zu Ehren dieser Heilpflanze aus der Apotheke der Natur. Mit Holunder stärken Sie sich gegenüber den Herausforderungen des modernen Lebens. Es ist, als ob endlich warmer Sommerregen auf ein ausgedörrtes Stück Land fällt. Der Mensch findet zurück ins Gleichgewicht – back to balance – und blüht auf.            

Autorin
Barbara Simonsohn
„Holunder. Kompakt-Ratgeber“, Mankau April 2024

Kontakt
www.Barbara-Simonsohn.de

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