Der nutzlose Mensch – eine Freude für Gott

Ein Beitrag der Schweizer Theologin Pia Maria Hirsiger

von Pia Maria Hirsinger

Wer die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz im Blick hat und weiß, was auf uns zukommt, kennt die Rede vom nutzlosen Menschen. Immer mehr Menschen werden arbeitslos, weil ihre bisherige Arbeit durch Roboter erledigt wird. Roboter werden nicht krank, sie haben keine Hochs und Tiefs, ihre Leistung ist planbar, sie sind effizient und optimal programmiert. Schon vor mehr als zwanzig Jahren gab es in Korea und Australien bereits Altersheime, wo die alten Menschen von Robotern versorgt werden. Sie spielen mit ihnen Karten und gehen mit ihnen spazieren – solange die Stromversorgung gesichert ist.

»Die vielleicht größte Frage in der Wirtschaft und Politik der kommenden Jahrzehnte wird sein, was man mit all diesen nutzlosen Menschen macht«, sagt der Autor Yuval Harari und sieht die Lösung darin, den Menschen mit Computerspielen und Drogen ruhig zu stellen.

Deshalb legt man ihm das Abtauchen in die virtuelle Welt vor die Füße. Damit existiert er gesellschaftlich nicht mehr, denn ohne wirtschaftliche Bedeutung hat er auch keine politische Macht.

Der Mensch als Nutztier wird nun genauso überflüssig wie damals der Ochse vor dem Pflug. Er wird zum ersten Mal
in der Menschheitsgeschichte »nutzlos«. Warum also sollen so viele Menschen auf dieser Erde leben, die es gar nicht braucht. Das belastet nur das Klima und, deshalb ist es besser, wenn es sie nicht mehr gibt. Nachzulesen bei Klaus Schwab in seinem Buch »The Great Reset«.

Als »nützliche« Menschen sieht sich jene Elite, die zu dem gehört, was heute als »digital-finanzieller Komplex« bezeichnet wird, d.h. die das Geld und die Daten mit der entsprechenden Technologie in der Hand hat. Sie will mit einem überholten Menschenbild ihre Vorstellung einer besseren Welt umsetzen: Eine Welt ohne Menschen. Das war im Jahr 2014 der Titel einer Doku auf Arte über den Transhumanismus. Damals habe ich verstanden, um was es geht. Und weil der Großteil der Menschheit nicht das Gefühl hat, nutzlos zu sein, und sogar weiter Kinder auf die Welt setzen will, versucht man mit Propaganda, Lüge und Gewalt, mit der Keule der Angst, das Verschwinden des Menschen zu veranlassen. Soweit zum nutzlosen Menschen von heute.

Der Nichtsnutz der Vergangenheit

Nun gibt es den nutzlosen Menschen aber schon länger, bereits in der Heiligen Schrift. Und es lohnt sich, zu begreifen, was mit dieser Bezeichnung passiert ist. Je nach Übersetzung heißt es im Buch der Sprüche (6,12-15):

»Ein Nichtsnutz, ja ein Gauner ist, wer daherkommt mit Lügen im Mund, wer mit den Augen zwinkert, mit den Füßen Zeichen deutet, Zeichen gibt mit den Fingern. Tücke im Herzen, stets voll böser Ränke, zettelt er jederzeit Händel an. Darum wird plötzlich das Verderben über ihn kommen, im Nu, ohne Rettung wird er zerschmettert.» (Einheitsübersetzung)

Dem Sinn nach ist der Nichtsnutz, der nutzlose Mensch, einer, der verschlagen und verlogen auf seinen Vorteil aus ist, dessen Herz böse ist und der gezielt und bewußt Böses tut und Unheil schafft. Das ist der nutzlose Mensch in der Heiligen Schrift.

Wer genau hinschaut, kann erkennen, wie der nutzlose Mensch der Heiligen Schrift durch den Transhumanismus in sein pures Gegenteil verkehrt worden ist. Er gehört heute zur »Elite«, also zu jenem kleinen Teil der Menschheit, der dem Rest der Welt die Existenz und die Freiheit abspricht oder ihn verzweckt zur eigenen Geld- und Machtvermehrung. Die Verdrehung des Wortes, der Sprache ist immer eine Verdrehung von Wirklichkeit und Sinn, also Lüge. Die Lüge ist die Wurzel aller Zerstörung, sie ist die Wurzel des Bösen.

Wir tun gut daran, uns an das Wort Gottes zu halten. In seinem Wort-Kosmos finden wir auch unsere eindeutige Identität. Weil wir Menschen keine Nutztiere sind, sind wir selbstverständlich nutzlos. Denn wir stehen als Bild Gottes außerhalb dieser Kategorie. Ein Bild muß nicht nützlich sein, sondern etwas offenbaren. Vom nützlichen oder nutzlosen Menschen zu sprechen, ist deshalb schon eine Verfehlung des Themas »Mensch«.

Wir haben den Geist empfangen, das dreieinige Geistleben Gottes. Wir sind geschaffen, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, uns an ihm zu freuen; um uns am Reichtum seines Hauses zu sättigen; um uns zu berauschen an der Dynamik seines Lebens, seiner Pracht und seiner Herrlichkeit. Alles völlig nutzlos, aber der eigentliche Sinn unseres Lebens.

Alle, die in diesem Nutzen-Spiel der Welt nicht mitspielen, die dazu nicht taugen, die darin keinen Sinn sehen, die unter die Räder der herrschenden Ideologie geraten, gehören zu denen, die Christus seligpreist: die Armen, denen die Gemeinschaft verweigert, die Gesundheit zerstört, die Existenz abgesprochen wird; die trauern über den Tod der Wahrheit und Liebe; die hungern nach Gerechtigkeit und Sinn und Frieden; die ringen um reine Resonanz für Gott.

Inmitten von Schmerz, Erbärmlichkeit und Leid inkarniert sich in den Armen unaufhaltsam das andere Leben, das von Gott kommt, es entsteht Schalom, ein Leben frei von jeder Verzweckung, es öffnet sich tiefer Sinn.

Die Seligkeit für den nutzlosen Menschen

Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg. Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm. Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach:

Selig, die arm sind vor Gott – denn ihnen gehört das Himmelreich.

Selig die Trauernden – denn sie werden getröstet werden. 

Selig die Sanftmütigen – denn sie werden das Land erben. 

Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit – denn sie werden gesättigt werden. Selig die Barmherzigen – denn sie werden Erbarmen finden. 

Selig, die rein sind im Herzen – denn sie werden Gott schauen. 

Selig, die Frieden stiften – denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. 

Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen – denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen. 

Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel. So wurden nämlich schon vor euch die Propheten verfolgt. (Matthäus 5,1-12)

Autorin
Pia Maria Hirsiger
Theologin

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